Dichtigkeit von Medizingeräten

Bei der Entwicklung von (medizinischen) Geräten ist ein immer wiederkehrendes Thema die Dichtigkeit. Dies ist ein Thema, welches häufig unterschätzt wird und besonders in der Zertifizierungsphase unerwartete Probleme mit sich bringen kann.
Verwendet wird der Begriff Dichtigkeit meistens als umgangssprachliches Synonym zu dem Begriff Dichtheit. Der Duden und einschlägige Wissensportale geben hierzu folgende Definition:

Eigenschaft von Stoffen, Gase, Flüssigkeiten, Strahlen o. Ä. nicht eindringen oder hindurchtreten zu lassen.

Die Frage „Ist das dicht?“ ist hierbei irreführend. Eine zutreffendere Formulierung lautet „Wie dicht ist das?“. Eine absolute Dichtheit ist weder theoretisch noch praktisch umsetzbar. Ein Beispiel gegen eine absolute Dichtheit sind Diffusionsvorgänge in Materialien.

Dichtheit wird in vielen Bereichen gefordert und benötigt. Viele medizinische Geräte befördern, analysieren und bearbeiten Fluide. Dabei muss ein ungewollter Austausch oder eine Mischung zwischen den verschiedenen Substanzen vermieden werden. Eine Kontamination dieser Stoffe durch Komponenten der Geräte darf nicht stattfinden und die Stoffe dürfen die verwendeten Geräte nicht beschädigen. In der Entwicklung zu beachten ist auch das Reinigen und Desinfizieren bzw. Sterilisieren von medizinischen Geräten.
Die Dichtheit in einem medizinischen System kann schnell eine komplizierte Größe mit vielen unterschiedlichen Anforderungen und Einflussfaktoren werden.

IP-Schutzart: „Dichtheit von Gehäusen“

Um die Dichtheit von Produkten gegen das Eindringen von Fremdkörpern und Wasser zu regeln, werden in Europa primär zwei Normen verwendet. Dies sind die EN 60529 und die ISO 20653. Beide Normen stützen sich für eine Einstufung auf die sogenannte IP-Schutzart. Die ISO 20653 wird hauptsächlich für Straßenfahrzeuge verwendet und bietet die entsprechenden Besonderheiten. Die DIN EN 60529 regelt den Schutz durch Gehäuse gegen Berührung, Staub und Wasser. Dafür werden zwei Ziffern verwendet.
Die erste Ziffer gibt den Schutz gegen Berührung und Staub von kritischen Teilen an.

0 = kein Schutz

6 = staubdicht

Die zweite Ziffer gibt den Schutz gegen Wasser in kritischen Bereichen an.

0 = kein Schutz

9 = Schutz gegen Wasser bei Hochdruck-/Dampfstrahlreinigung

Wird ein Schutzbereich nicht definiert, so wird ein X als Platzhalter verwendet, zum Beispiel IP X2. Die Definition der IP-Schutzart wird entweder durch die zutreffende Norm, zum Beispiel mindestens IP 22 für Geräte in Hausanwendung gemäß EN 60601-1-11, oder in der Entwicklung aufgrund der Anforderungen an das Produkt vorgenommen.

Im Idealfall sind die Anforderungen bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Entwicklungsprozesses bekannt und können im gesamten Entwicklungsprozess eingebunden werden. Sollte dies nicht der Fall sein oder sich die Anforderungen oder der Nutzungszweck ändern, so gibt es Technologien, mit welchen nachträgliche Dichtungen in ein bestehendes Produkt eingebracht werden können.

Haben Sie Probleme mit einem Produkt oder können wir Sie bei einer Entwicklung unterstützen? Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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Autor

  • Lars Gerboth

    Seit Juni 2020 bin ich als Entwicklungsingenieur bei den MEDtech Ingenieuren tätig und freue mich auf spannende Projekte. Hierbei bringe ich mich gerne mit meinen Fachkenntnissen und meiner Berufserfahrung, vor allem im mechanischen Bereich, ein.

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