Störaussendung eines Batterie-Ladereglers

Michael Wichert

01/29/2025

Einleitung

Um bei der EMV Prüfung für die Zulassung neuer medizintechnischer Geräte das Risiko zu reduzieren machen wir gerne Vortests mit den Geräten in der Prototypen Phase. Aktuell unterstützen wir bei der Entwicklung eines Gerätes zur Erfassung von Vitalparametern. Das Gerät kann über ein Netzteil oder Akku versorgt werden.
Manchmal verlaufen diese Vortests bereits bei der ersten Messung ohne Auffälligkeiten, aber bei diesem Gerät gab es Problem bei der Störaussendung im hochfrequenten Bereich. Wie sollte man nun vorgehen?

Eine gute Methode, um die Fehlerursache einzugrenzen ist es (wenn möglich) einzelne Funktionen des Gerätes zu deaktivieren oder Leitungen abzustecken. Dabei fällt in diesem Fall auf, dass die Störung zwar etwas geringer werden, wenn sämtliche Sensoren nicht mehr verbunden sind, aber erst wenn das Netzteil abgesteckt wird, sind diese deutlich reduziert.

Daher die Vermutung, dass das Problem vom Laderegler für die Batterie kommt. In unserem Fall wird ein synchroner Abwärtswandler (Buck-Converter) mit zwei externen MOSFETs verwendet.

Störquellen Buck Converter

Die Haupursache für elektromagnetische Störungen in Abwärtsreglern sind hochfrequente Ströme in kleinen Stromschleifen. In unserem Fall gibt es zwei Hauptschleifen, die im folgenden Bild zu sehen sind.

Da es sich bei den Strömen I1 und I2 um diskontinuierliche Ströme handelt, haben beide steile Flanken beim Ein- und Ausschalten. Diese verursachen hochfrequente Störungen. Der kritische Pfad ist hierbei die Fläche A zwischen Cin, Q1 und Q2, weil hier der höchste Strom fließt. Dadurch entstehen dort auch die meisten hochfrequenten Störungen.

Wir haben also folgende Ansatzpunkte:

  • Reduktion der Stromschleifen durch das Layout
  • Reduktion der Schaltgeschwindigkeit
  • Dämpfen von Anstiegsgeschwindigkeiten
  • Begrenzung der Flankensteilheit, z.B. durch Snubber

Diese betrachten wir im Folgenden.

Optimierung des Layouts

Beim Entwurf des Layouts sollten die Vorgaben aus den Datenblättern stets beachtet werden. Bei diesem Projekt war das aufgrund der vorgegebenen Dimensionen leider nicht möglich. Dabei kam es im Layout zu größeren Stromschleifen.
Mit der Erfahrung aus den ersten Messungen und den folgenden Tipps konnte das im Redesign deutlich verbessert werden.
Um hochfrequente Störungen zu minimieren, sollte die Fläche A möglichst klein gehalten werden. Durch geschickte Platzierung der Bauteile kann dies erreicht werden kann.

Hier ein paar Tipps bezüglich des Layouts von Abwärtswandlern:

  1. Platziere QHIGH und QLOW gegenläufig, sodass Drain und Source gegenüberliegen, das reduziert die Schleife erheblich.
  2. Nutze Eingangskondensatoren in verschiedenen Größen und platziere sie so nah wie möglich zwischen QHIGH Drain und QLOW Source.
  3. Um Entkopplungskondensatoren mit der GND Fläche zu verbinden sollten mehrere Vias genutzt werden, um die Impedanz der Verbindung zu senken.
  4. Platziere GND der Ausgangskondensatoren außerhalb der Schaltschleife der Eingangskondensatoren.
  5. Die Leiterbahnen des Schaltpunktes und Boost Pins sollten kurz und klein gehalten werden.
  6. Signalpfad und Leistungspfad sollten getrennt werden
  7. Verwende im kritischen Pfad keine Wärmefalle , denn das erzeugt zusätzliche Induktivität.
  8. Die GND Fläche zur Schirmung sollte direkt unter der Fläche mit den Störquellen sein. Unter dem Eingangsschaltkreis sollte sie so durchgängig wie möglich sein.
Alt Neu

Die Schleifen der Strompfade konnten durch die Umsetzung der Tipps deutlich reduziert werden, außerdem wurde das IC außerhalb der Strompfade platziert.

Altes Layout Neues optimiertes Layout

Im direkten Vergleich sieht man, dass die Störungen durch das verbesserte Layout reduziert werden konnten. Es ist aber nicht ausreichend, um den Test zu bestehen.

Schaltgeschwindigkeit

Ein Mittel, um die Emissionen zu senken ist es die Schaltgeschwindigkeit zu reduzieren. Ein Serienwiderstand am Gate der MOSFETs erhöht deren Ein und Ausschaltzeit und reduziert so die hochfrequenten Störungen. Der Widerstand kann nicht beliebig gewählt werden, da sich mit dem Serienwiderstand auch die Verlustleistung im MOSFET erhöht und dieser warm wird. Typische Werte in solchen Anwendungen sind 5 bis 10 Ω.

0 Ohm 10 Ohm

In den Bildern ist die Abhängigkeit zwischen Emission und Verlustleistung gut zu erkennen. Setzt man einen Vorwiderstand mit 10 Ohm ein liegt man unter dem Grenzwert. Dabei erhöht sich allerdings auch die Temperatur der MOSFETs deutlich, hier um etwa 40°C. Das reduziert die Lebensdauer der Bauteile deutlich.

RC Snubber

Snubber-Schaltungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Reduzierung von EMI, indem sie die Spannungsspitzen dämpfen, die während des Schaltvorgangs aufgrund von parasitären Induktivitäten auftreten. Dadurch können hochfrequente Anteile im Schaltsignal reduziert werden. Der Nachteil an Snubber-Schaltungen ist der zusätzliche Verlust, der durch sie entsteht.
Ein typischer Snubber besteht aus einem Widerstand und einem Kondensator, welche direkt neben dem MOSFET platziert werden, in unserem Fall dem Low-side MOSFET.
Der Widerstandswert hängt von der gewünschten Dämpfung (ξ) und den, meist unbekannten parasitären Induktivitäten und Kapazitäten ab.

Für die Dämpfung wird hier 0,4 gewählt.  R_S = \frac{1}{2 \xi} \cdot\sqrt{\frac{L_p}{C_p}}

Um die parasitäre Induktivität und Kapazität zu bestimmen kann folgendes Vorgehen verwendet werden.

  1. Messen der Schwingfrequenz (fRING) in der steigenden Flanke
  2. Kapazität zwischen dem Schaltknoten und GND erhöhen, bis sich die Schwingfrequenz halbiert
  3. Halbiert sich die Frequenz ist die gesamte Kapazität 4 mal höher als zu Beginn der Messung. Die parasitäre Kapazität (Cp) entspricht ein Drittel der hinzugefügten Kapazität
  4. Die parasitäre Induktivität kann berechnet werden.  \, L_p = \frac{1}{C_p \,\cdot\, \left (2 \,\cdot\, \pi \,\cdot\, f_{\text{RING}}\right)^2}
  5. Der Snubber-Widerstand (RS) kann mit obiger Formel berechnet werden und die Snubber-Kapazität (CS) wird normalerweise so gewählt, dass sie 3-4 mal größer ist als die parasitäre Kapazität
1. Messung fRING 2. Zusätzliche Kapazität 837 pF

fRING = 138,8 MHz

fRING = 69,4 MHz

3.  C_p = \frac{C_{\text{added}}}{3} = 279 \, \text{pF}

4.  L_p = \frac{1}{279 \, \text{pF} \,\cdot\, \left( 2 \pi \,\cdot\, 138.8 \, \text{MHz} \right)^2} = 4.71 \, \text{nH}

5.  R_S = \frac{1}{2 \,\cdot\, 0.4}\, \sqrt{\frac{4.71 \, \text{nH}}{279 \, \text{pF}}} = 5.14 \, \Omega

Für CS wird 1nF gewählt.
Messungen mit RC Snubber (4.7Ω und 1nF):

Durch den Snubber können die Störungen im Bereich 100MHz bis 300MHz deutlich reduziert werden.

Eingangsfilter

ESR und ESL der Kondensatoren erhöhen deren Impedanz, was hochfrequente Spannungseinbrüche zur Folge hat. Diese Spannung induziert Ströme in die Versorgung der Schaltung. Die diskontinuierlichen Eingangsströme und die Länge der Versorgungsleitung können ebenfalls zu gestrahlten Emissionen führen.
Um die Spannungseinbrüche zu verringern, sollten mehrere MLCCs mit niedrigem ESR und unterschiedlicher Bauformen genutzt werden. Außerdem kann ein LC-Filter verwendet werden, um die Störungen lokal zu halten.

Das LC-Filter dämpft Störungen sämtlicher Frequenzen deutlich ab.

Ergebnis

Um die EMV Probleme zu lösen wurden alle besprochenen Maßnahmen umgesetzt. Die Wirksamkeit wurde bereits in den jeweiligen Kapiteln betrachtet. Hier eine finale Gegenüberstellung der Maßnahmen:

Vorher Altes Layout mit allen Maßnahmen Neues Layout mit allen Maßnahmen

Man sieht hier sehr schön wie wichtig das Layout bei einem Abwärtsregler ist. Im ersten Vergleich scheint der Unterschied nicht besonders groß zu sein, zumal die Abstrahlung im Bereich größer 300MHz sogar etwas schlechter wird.
Vergleicht man aber die darauffolgenden Maßnahmen sieht man, dass diese zusammen mit dem verbesserten Layout die Störaussendung deutlich stärker reduzieren.

Ich hoffe ihnen hat der Artikel gefallen. Man sieht hier sehr schön, dass das Layout erheblichen Einfluss auf die EMV von Geräten haben kann. Und dass man mit den richtigen Maßnahmen diese Probleme sehr gut in den Griff bekommt.
Falls Sie unsere Unterstützung benötigen, z.B. durch Reviews oder Messungen können Sie uns jederzeit benachrichtigen.


Geschrieben von Michael Wichert

Michael hat Biomedizinische Technik an der Hochschule Ansbach studiert und bereits früh seine Begeisterung für die Hardwareentwicklung entdeckt. Nach mehreren Jahren Erfahrung in der Schaltungsentwicklung und Zulassung von Medizinprodukten unterstützt er seit März 2022 das Team von MEDtech Ingenieur.


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