Interview über Start-ups in der Medizintechnik mit Ralph Steidl

Durch intelligente Produkte und Algorithmen kann man Patienten zu mehr Lebensqualität verhelfen. Ein besonders gutes Beispiel dafür zeigt das Produkt ParkinsonGo der Portabiles HealthCare Technologies GmbH. In diesem Artikel spreche ich mit Ralph Steidl über sein Unternehmen und seine Sicht auf Start-ups in der Medizintechnik in Deutschland.

Hallo Ralph, es freut mich sehr, dass du dir Zeit nimmst für dieses Interview. Kannst du dich und dein Unternehmen kurz vorstellen?

Hallo Goran, sehr gerne. Mein Name ist Ralph Steidl und ich bin Gründer und Geschäftsführer der Portabiles HealthCare Technologies GmbH. Die Portabiles HealthCare Technologies GmbH ist ein Start-up, welches 2016 in Erlangen gegründet wurde. Unsere Mission ist es, Parkinson Patienten dabei zu helfen, ihre Bewegungsfähigkeit zu verbessern und möglichst lange zu erhalten. Dies erreichen wir mit zwei Maßnahmen.

Zum einen motivieren wir sie zu regelmäßiger Bewegung, bieten individualisierte Trainingspläne an und geben ihnen gezielt Hinweise, wie sie ihren Alltag trotz der Krankheit gut bewältigen können.

Zum anderen unterstützen wir behandelnde Ärzte dabei, die Medikation personalisiert und schnell auf den Patienten einzustellen, und  somit schlechte Bewegungsphasen zu verbessern. Entscheidend ist aber die richtige Einstellung der Medikamente und das kann mit den bisherigen Methoden Monate dauern oder sogar einen Krankenhausaufenthalt erfordern. Mit ParkinsonGo bietet Portabiles HeathCare Technologies ein telemedizinisches System welches eine deutlich schnellere, individuellere und zielgerichtetere Medikationseinstellung mithilfe von Informationen aus dem Patientenalltag ermöglicht. Das Produkt ist eine Kombination aus App, intelligenter Ganganalysealgorithmik und Bewegungssensoren. Die Bewegungssensoren werden von den Patienten an ihren Schuhen befestigt und können im Alltag getragen werden. Mit den gewonnenen Daten kann der behandelnde Neurologe die Therapie patientenzentriert optimieren.

Der Patient profitiert davon durch:

  • Ein besseres Gangbild
  • Gezielteren Kontakt zum Arzt
  • Höhere Lebensqualität
  • Mehr Patientensouveränität

Was hat dich damals motiviert das Start-up zu gründen?

Nach mehrjährigen Forschungstätigkeit mit meinen Mitgründern, Prof. Klucken (Neurologe und Digital Medicine Experte) und Prof. Eskofier (Machine Learning und Biomechanik Experte) wurde uns bewusst, dass aus der Analyse des Gangbildes im Alltag von Parkinson Patienten vielfältige Hilfestellungen für die Patienten und deren Ärzte erschlossen werden können. Das Unternehmen, in dem ich damals arbeitete, wollte den aufwändigen und kostspieligen Weg zum Medizinprodukt und in die Vermarktung nicht mitgehen, daher beschlossen wir, dies in einem neuen Unternehmen umzusetzen.

Welches sind aus deiner Sicht aktuell die Herausforderungen von Start-ups in Deutschland?

Die Finanzierung – im Gesundheitswesen sind die Entwicklungsaufwände wegen der regulatorischen Rahmenbedingungen besonders hoch und der Weg zur Erstattung durch Krankenkassen relativ langwierig. Letzteres hat sich durch das relativ neue „Digitale Versorgung Gesetz“ in Deutschland aber gebessert.

Was muss ich aus deiner Sicht mitbringen, um selbst ein erfolgreiches Start-up gründen zu können?

Ein gutes Geschäftskonzept, Durchhaltevermögen, die richtigen Wegbegleiter, und Startkapital. Idealerweise hat man vor der Gründung bereits ein vorführbares „Minimalprodukt“, das erleichtert die Kapitalfindung.

Wie wichtig sind Kooperationspartner und Netzwerke?

Extrem wichtig! Gerade als kleines Unternehmen ist die Fokussierung auf die Kernkompetenzen entscheidend.  Der Aufbau neuer Kompetenzfelder ist nahezu unmöglich, dafür reicht das Kapital nicht. Wir haben den Anspruch, in unseren Kompetenzfeldern Profis zu sein und ergänzen uns durch Zusammenarbeit mit anderen Profis. Die richtigen zu finden ist entscheidend für Erfolg oder Misserfolg.

Ihr arbeitet auch mit uns von MEDtech Ingenieur zusammen. Seit wann sind wir für euch tätig und was genau haben wir für euch gemacht?

Wir arbeiten jetzt schon seit über 2 Jahren mit euch zusammen. Anfangs hatten wir ein Funktionsmuster des Bewegungssensors, welcher aber noch nicht die Anforderungen an ein Medizinprodukt erfüllte. MEDtech übernahm die normgerechte Dokumentation und Entwicklung der Sensoren und unterstützte uns bei der Zulassung des Medizinproduktes nach MDR. Von der Auswahl von zertifizierten Komponenten wie z.B. dem integrierten Akku über die Entwicklung von Hardware und Firmware bis hin zur Optimierung der Mechanik wurde das Produkt deutlich verbessert und normgerecht entwickelt, so dass wir die Medizinprodukt-Zulassung nach MDR durchführen konnten.

Für die Patienten ist insbesondere wichtig, dass das Produkt möglichst unscheinbar ist und sie im Tagesablauf nicht behindert. Zudem soll es einfach zu bedienen sein. Hier hat MEDtech mit einem miniaturisierten Clip dazu beigetragen, dass wir eine sehr schöne Lösung gefunden haben, die den Patientenanforderungen gerecht wird. MEDtech Ingenieur liefert uns mittlerweile die Sensorik und kümmert sich um die Fertigung.

Was schätzt Du an der Zusammenarbeit?

Ich schätze bei MEDtech insbesondere die kurzen Wege, die schnelle Reaktionszeit und die cleveren Lösungen. Des weiteren haben wir damit einen Ansprechpartner für die Sensorik gefunden, der sich in der Medizintechnik sehr gut auskennt. Das ist uns sehr wichtig. Denn schließlich handelt es sich hier um ein Medizinprodukt und die Qualität unserer Produkte steht für uns an oberster Stelle. Zudem haben wir mit MEDtech einen Partner, der alles abdeckt. Das vereinfacht natürlich vieles.

Wie ist der Ausblick in die Zukunft der Portabiles HealthCare Technologies?

Wir haben schon einiges erreicht aber noch viel mehr vor! Ziel ist es auch weiterhin die Lebensqualität und Souveränität der Patienten durch clevere Algorithmen Made in Germany zu erhalten oder zu verbessern. Hier haben wir einige Ideen, die wir in Zukunft umsetzen wollen.

Ich freue mich besonders darauf, die anstehende Neuentwicklung der Sensoren mit euch umzusetzen. Wir gehen da gemeinsam einige wirklich kniffelige Themen an – Echtzeitmessung, Energiemanagement, Synchronisierung der Sensoren… Das wird sehr spannend und wird unser Produkt entscheidend voranbringen.

Danke für Deine Zeit und das interessante Interview. Für alle interessierten Leser empfehle ich einen Besuch auf der Webseite von Portabiles Healthcare Technologies GmbH.

Ralph Steidl – CEO der Portabiles
HealthCare Technologies GmbH

https://www.portabiles-hct.de/

https://www.linkedin.com/in/ralph-steidl-9284965/

 

Kontaktieren Sie uns!

Autor

  • Goran Madzar

    MEDtech Ingenieur aus Leidenschaft! Mein Team und ich helfen Medizintechnik-Herstellern mit Engineering-Dienstleistungen dabei, Produkte zu entwickeln und in Verkehr zu bringen! Sprechen sie mich gerne an, ob bei LinkedIn oder per Mail. Ich freue mich Sie kennenzulernen.

Auch interessant:

Worst-Case Analyse mit LTSpice

Beim Entwickeln von Schaltungen hat man es immer mit toleranzbehafteten Bauteilen zu tun, welche die Funktionalität der Schaltung mehr oder minder stark beeinflussen können. Um den Einfluss von Bauteiltoleranzen auf die uns interessierenden Ausgangsgrößen zu ermitteln, bietet sich eine Simulation mit LTSpice an. Verbreitete Methoden wie die Monte-Carlo-Analyse sind bereits…
Getagged mit: , , , ,