Systemarchitekten im Unternehmen einführen

Immer mehr Unternehmen in der Medizintechnik erkennen den Wert von Systemarchitekten. Und dieser Trend wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Ich selbst arbeite als freiberuflicher Systemarchitekt und möchte heute darüber schreiben, wie Systemarchitekten im Unternehmen eingeführt werden können. Gute Systemarchitekten sind nicht leicht zu finden und gehören eher einer seltenen Spezies an. Es ist sinnvoll die ganzheitliche Betrachtung der Systemarchitekten als Spezialfähigkeit in einem Unternehmen zu etablieren und die Vorteile zu nutzen. Doch wie macht man das und was ist dabei zu beachten?

Wenn Sie diesen Artikel lesen, dann sind Sie wahrscheinlich schon vertraut mit der Rolle des Systemarchitekten. Falls nicht, lesen Sie bitte unbedingt vorher den Artikel Systemarchitekten – warum wir sie brauchen und was sie können sollten?

Der Systemarchitekt ist eine Rolle in einem Entwicklungsprojekt wie z.B. auch ein Software-Entwickler, ein Tester oder ein Projekt-Manager. Die Rolle kann von einer Person ausgefüllt werden. Es ist aber auch möglich, dass eine Person mehrere Rollen vertritt. So kann z.B. der Software-Entwickler auch gleichzeitig der Requirements-Engineer sein oder der Projekt-Manager gleichzeitig der Systemarchitekt.

Um die Rolle des Systemarchitekten für ihr Unternehmen zu klären, ist es sinnvoll eine Stellenbeschreibung dafür zu erstellen. Was sind die Aufgaben des Systemarchitekten in ihrem Unternehmen? Diskutieren Sie die Rollenbeschreibung in ihrem Unternehmen. Hier können Entwicklungsleiter, Teamleiter, Projektleiter, Qualitäter und Personen die bereits Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt haben oder bereits solche Tätigkeiten durchführen, wichtigen Input liefern. Sie finden aber auch im Internet (z.B. auf meinem Blog) Informationen darüber.

Ihr Ansprechpartner:

Dipl.-Ing. Goran Madzar, Gesellschafter, Senior Systems Engineer 
E-Mail: madzar@medtech-ingenieur.de
Tel.:  +49 9131 691 240
 

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Als Organisationsform für Systemarchitekten bietet sich die Matrix-Organisation an. Das heißt, dass Sie in Ihrem Unternehmen mehrere Systemarchitekten haben, die in einer Gruppe zusammengefasst sind. Die Systemarchitekten werden aus der Gruppe in Projekte entsandt. Es kann auch sein, dass ihr Unternehmen in Teams aufgeteilt ist und jedes Team einen oder mehrere Systemarchitekten besitzt. Jede Firma ist hier anders und daher muss die Struktur eben zu der Firma passen.

Im Projekt sehe ich drei Rollen, die auf einer Ebene aufgehängt sind. Das sind der Projektleiter, der Systemarchitekt und der Qualitätsmanager. Diese drei Rollen verfolgen unterschiedliche Ziele, die sich aber sehr gut ergänzen:

  • Projektleiter → Projektziele
  • Systemarchitekt → Produktziele
  • Qualitätsmanager → Prozessziele

Die Einführung von Systemarchitekten im Unternehmen ist ein Lern- und Veränderungsprozess. Veränderungen führen oft zu Widerstand im Unternehmen. Wozu soll diese Rolle gut sein? Wir haben das die letzten 20 Jahre nicht gebraucht, was soll das also? Diese Skepsis kann vom Management aber auch von erfahrenen Entwicklern kommen. Und im Prinzip ist eine gesunde Skepsis gar nicht schlecht. Denn man muss nicht jedem Trend nacheifern. Wenn Sie aber von der Änderung überzeugt sind, dann ist es wichtig die Mitarbeiter bei der Änderung der Organisation abzuholen und mitzunehmen. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn Organisationen und Prozesse vom Himmel fallen und plötzlich befolgt werden sollen. Das funktioniert in den meisten Fällen nicht oder nur sehr schwer. Daher ist es wichtig früh zu kommunizieren, was man vorhat und auch die Meinung der Entwickler abzufragen und zu berücksichtigen. Bei einer Änderung ist es wichtig, in kleinen Schritten vorzugehen und nicht alles auf einmal umzustellen. Dabei sollte man sich auf den Nutzen fokussieren und in vielen kleinen Schritten vorgehen. Am besten setzt man einen Systemarchitekten zunächst einmal in einem Pilotprojekt ein. Das sollte nicht zu groß und nicht zu klein sein und auch nicht schon unter großem Druck stehen. Ein Troubleshooting Projekt bietet sich für solche Experimente nicht an. Dann sollte man einen Systemarchitekten berufen. Falls dieser noch nicht ausreichend Erfahrung hat, bietet es sich an ihm einen Mentor zur Seite zu stellen. Ein Mentor ist eine Person, die bereits Erfahrung auf dem Gebiet hat und den Mentee unterstützt. Durch die Hilfestellung soll der Mentee dahin kommen, wo der Mentor bereits ist. Im Vergleich dazu ist ein Coach etwas ganz anderes. Ein Coach unterstützt jemanden darin sich selbst zu reflektieren und sich selbst zu verbessern. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass der Mentor Erfahrung in diesem Bereich aufweisen kann.

Im Folgenden geht es darum die Methoden anzuwenden und die Arbeitsergebnisse zu erzeugen. Dabei wird zunächst nicht alles Rund laufen. Aber Schritt für Schritt sollten Sie die Einführung von Systemarchitekten in ihrem Unternehmen meistern. Lassen Sie sich Zeit und arbeiten Sie kontinuierlich an Ihrer Verbesserung. Falls Sie Tools einführen (z.B. ALM-Tools, Requirements Engineering Tools oder SysML-Tools) so seien Sie sich darüber bewusst, dass die Einführung von Tools auch Zeit kostet. Planen Sie das unbedingt ein. Insbesondere am Anfang wird man erst einmal langsamer und muss eine Lernkurve durchlaufen. Es dauert eine Zeit bis das Tool Sie schneller macht. Achten Sie auch darauf, dass das Tool zu ihrem Prozess passt und nicht umgekehrt. Es ergibt keinen Sinn ein Tool einzusetzen, das Sie bei der Arbeit nicht unterstützt, sondern behindert. Eventuell ist es dann das falsche Tool oder muss anders konfiguriert werden.

Ich kann im Zusammenhang mit der Einführung der Rolle des Systemarchitekten nur appellieren, die Weiterbildung im Unternehmen voranzutreiben. So bieten sich Austauschrunden an, in denen Impulsvorträge gehalten werden und eine gegenseitige Weiterbildung erfolgt. Auch Standup-Meetings im Sinne von Scrum (täglich 5-10 Minuten) sind eine gute Methode, um Wissen in ihrem Unternehmen auszutauschen und gemeinsam zu nutzen. Hier kann ein Erfahrungsaustausch erfolgen. Es ist auch sinnvoll Kompetenzträger zu definieren, die sich mit einem Thema auskennen. Solche Personen gibt es in jedem Unternehmen unabhängig davon, ob man sie benannt hat oder nicht. Wichtig ist hierbei nur Personen als Kompetenzträger auszuwählen, die den Namen wirklich verdienen und als Kompetenzträger zu diesem Bereich auch anerkannt sind. Sonst wird die Methode der Kompetenzträger schnell zur Farce und schläft ein. Kompetenzträger sind auch gefordert sich auf dem Gebiet aktiv weiterzubilden, Wissen zu dokumentieren und anderen bei Problemen zu helfen.

Dokumentiertes Wissen kann in Form von Präsentationen, Anleitungen, Wiki-Seiten, Video-Tutorials oder Blogs erfolgen. Man kann auch einfach Best Practice Vorlagen erstellen oder anderen bei Fragen zur Verfügung stehen und helfen (Sprechstunde). Ich denke es gibt heute eine Vielzahl an Möglichkeiten, um sich weiterzubilden. Angefangen bei Büchern, Hörbüchern, Blogs, Podcasts, Webinaren, YouTube Videos bis hin zu Schulungen und Trainings. Auch eine Vernetzung mit anderen Systemarchitekten (z.B. über das Systems-Camp) oder über Xing kann gute Impulse liefern.

Falls Sie Fragen zu dem Thema haben freue ich mich sehr darüber, wenn Sie mit mir in Kontakt treten. Schicken Sie mir gerne Ihre Fragen zu und vielleicht kann ich die Antworten im Rahmen des Blogs auch anderen zugänglich machen. Ich freue mich über Feedback. Sie können gerne auch einen Kommentar zu dem Artikel abgeben. Falls Sie jemanden kennen, für den der Blog ebenfalls interessant sein könnte, freue ich mich auch sehr über eine Weiterempfehlung.

Viele Grüße

Goran Madzar

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Autor

  • Goran Madzar

    MEDtech Ingenieur aus Leidenschaft! Mein Team und ich helfen Medizintechnik-Herstellern mit Engineering-Dienstleistungen dabei, Produkte zu entwickeln und in Verkehr zu bringen! Sprechen sie mich gerne an, ob bei LinkedIn oder per Mail. Ich freue mich Sie kennenzulernen.

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